Über dieses Projekt

Eine rassismuskritische Erinnerungskultur und die Migrationsgeschichte in Duisburg stehen im Mittelpunkt von "Ein Anderes Duisburg". Mit historischen Dokumenten, Fotos und Videointerviews von Zeitzeug:innen archiviert die Webdokumentation sowohl eindringliche Migrations-, Flucht- und Rassismuserfahrungen als auch Widerstände und Selbstorganisierungen. In thematisch aufgebauten Episoden werden bisher ungehörte Geschichten sicht- und hörbar. Die Webdokumentation zeigt: Eine multidirektionale Erinnerungskultur im städtischen Gedächtnis ist auch Voraussetzung für den Aufbau einer solidarischen Stadt für Alle an Rhein und Ruhr.
Die Figur Cema begleitet durch die interaktive Webdokumentation "Ein Anderes Duisburg“, die in mehreren Episoden von Rassismus, Migration und Solidarität erzählt. In Videointerviews kommen Zeitzeug:innen zu Wort und sprechen eindringlich über ihre Migrations-, Flucht- und Rassismuserfahrungen.
Aus den Zeitzeug:innen-Interviews und historischen Materialien entsteht eine neue Archivsammlung, die Geschichte bewahrt und lebendig in der Stadtgesellschaft verhandelt und erinnert.
Der communityübergreifende, zivilgesellschaftliche Beirat setzt sich aus Duisburger:innen zusammen, die die migrantische Perspektive im Projekt einnehmen und vertreten. Als Multiplikator:innen der antirassistischen Bildungsarbeit spiegeln die Mitglieder die Themen und Erzählungen der Webdokumentation zurück in die Stadtgesellschaft.
Der Beirat organisiert Stadtgespräche, Konzerte, Filmvorführungen und kreative Aktionen. Es gibt viele Möglichkeiten, bei denen wir als Stadtgesellschaft zusammenkommen und über institutionelle Diskriminierung, Rassismus, Dekolonialität und die Bedingungen einer solidarischen, antirassistischen Stadt für Alle sprechen können.
Für all diese Veranstaltungen schaffen wir auch einen neuen Raum: die Tarık-Turhan- Galerie öffnet für "Ein Anderes Duisburg" ihre Türen. Hier kommen wir zusammen, hier findet Kreativität ihren Platz, hier gedenken und diskutieren wir.
Methodik
Videographie
Das filmische Konzept basiert auf dem Grundgedanken, entlang biografischer Interviews die lokale Migrationsgeschichte Duisburgs aus einer antirassistischen Perspektive erfahrbar zu machen. Dabei sind die Interviewpartner:innen, deren Leben eng mit der Aufarbeitung rassistischer Gewalt, eigensinniger Selbstorganisation und antirassistischer Artikulationen verknüpft ist, den Ausgangspunkt unserer Arbeit.
Vor diesem Hintergrund legen wir Wert darauf, den Fokus ganz auf die Interviewpartner:innen und ihre Erzählungen zu legen. Um die Berichte für die Zuschauer:innen plastisch zu machen, möchten wir auch die physischen Reaktionen wie Gestik, Mimik, Körperhaltung oder Blicke der Interviewpartner:innen ins Bild rücken, die bei der Schilderung von persönlichen Erinnerungen erkennen lassen, mit welchen Emotionen diese einher gehen.
Gestaltung und Webdesign
Das visuelle Erscheinungsbild der Webdokumentation greift die Farbgebung der bunten Cover-Designs der Musikkassetten türkischstämmiger Musiker:innen auf, die in den 1970er und 80er Jahren extrem populär waren (vgl. den Film „Aşk, Mark ve Ölüm – Liebe, D-Mark und Tod“ von Cem Kaya). Einen Gegenpol zur eher fröhlichen Farbpalette bildet die Wahl der Schrift „Arbeiter Neue“ als Display-Font. Die vom Typografen Murathan Biliktü gestaltete Schrift fängt die Erfahrung der Desorientiertheit und Fremdheit seines Großvaters in einer unbekannten, industriellen Umgebung der 1960er Jahren ein. „It's the German signs in the eyes of the guest workers and the cramped town constructed of pipes and cables that they live in“, schreibt Biliktü zur Gestaltung der „Arbeiter Neue“ – „es sind die deutschen Zeichen in den Augen der Gastarbeitenden und die beengte Stadt aus Rohren und Kabeln, in der sie leben“.
Archivierung
Parallel zur Produktion der Webdokumentation wird die migrationshistorische Quellensammlung im Stadtarchiv systematisch erweitert. Hier werden vor allem die Dokumente, Schriften und Fotos von Duisburger:innen mit Migrationserfahrung erhoben, gesammelt und archiviert. Darüberhinausgehend finden die videographisch dokumentierten Oral-History-Interviews eingang in ein Online-Archiv.
Der zivilgesellschaftliche Beirat und Stadtgesprächsreihe
Der zivilgesellschaftliche Beirat als Begleitgremium bildet den zweiten Schwerpunkt von „Ein Anderes Duisburg“. Zur Mitarbeit konnten rassismuserfahrene lokale Akteur:innen gewonnen werden, die sich mit diversen Erscheinungsformen von Rassismus in stadtgeschichtlichen und transnationalen Erinnerungskulturen befassen und an der nachhaltigen Entwicklung eines rassismuskritischen Gremiums interessiert sind.Im Projekt kommt dem Begleitgremium, als lokale Expert:innen-Gruppe daher eine besondere Bedeutung zu.
Zum einen begleitet und berät der Beirat die Webdokumentation. Dabei sollen vom Beirat Themen festgelegt, Interviewpartner:innen gefunden und die Verbreitung der Ergebnisse angestrebt werden.
Zum anderen entwickelt das Begleitgremium u.a. durch Empowerment-Trainings und durch die aktive Mitgestaltung der Projekt-Stadtgespräche ein eigenes Selbstverständnis als rassismuskritisches Gremium, das intersektionale Erfahrungen an Rassismus und Diskriminierung zusammenbringt und einen aktiven Austausch - intern sowie in die Stadtgesellschaft, Politik und Verwaltung - organisiert und lokale Maßnahmen für die relevanten Probleme und Bedarfe der rassismusbetroffenen Communities entwickelt. Hierbei sollen auch in Kooperation mit den beteiligten städtischen Institutionen eine nachhaltige Vernetzung und Struktur in der Stadt aufgebaut und die Erkenntnisse des Projekts in die Angebote der politischen Bildung eingepflegt werden.
Mitwirkende
Projektleitung: Dr. Susanne Sommer, Dr. Andreas Pilger und Leyla Özmal
Wissenschaftliche Konzeption und Koordinierung der Webdokumentation: Ceren Türkmen unter Mitarbeit von Chris Herzog
Text: Ceren Türkmen unter Mitarbeit von Chris Herzog
Recherche: Ceren Türkmen, Leyla Özmal, Dr. Andreas Pilger und Robin Richterich
Redaktion: Leyla Özmal, Christa Frins, Chris Herzog, Ali Şirin, Dr. Andreas Pilger und Dr. Michael A. Kanther
Lektorat: Christa Frins
Interviewführung: Ceren Türkmen
Koordination Beirat: Leyla Özmal und Ali Şirin
Programm Stadtgespräche: Leyla Özmal und Ali Şirin
Bestandsbildung und Sammlungserweiterung: Leyla Özmal und Ali Şirin
Webdesign und Plakatgestaltung: Judith Weber und Ernst Wolf
Judith Weber, Illustrator:in und Grafikdesigner:in, studierte Pädagogik, Sinologie und an der Weißensee Kunsthochschule Berlin Visuelle Kommunikation. Ernst Wolf studierte Integriertes Design und ebenfalls Visuelle Kommunikation. Beide sind Mitglied im Kollektiv „Reiberei“, welches sich mit Gestaltung und Kunst im Kontext von sozialen Fragestellungen und Utopien auseinandersetzt. In ihrer gestalterischen Praxis arbeiten Judith und Ernst mit den Prinzipien von Barrierefreiheit, Diskriminierungssensibilität, Sozialkritik und Repräsentation.
www.biliktufoundry.com/BM-Arbeiter-Neue
Illustration: Irem Kurt
Irem Kurt ist eine deutsch-türkische Illustratorin aus Frankfurt am Main, Mitbegründerin des OUSA-Kollektivs. Sie studierte an der Hochschule Darmstadt visuelle Gestaltung und digitale Medien. Derzeit lebt sie in Berlin.
Film und Schnitt: Patrick Lohse und Marian Mayland
Patrick Lohse und Marian Mayland sind Filmemacher:innen und Künstler:innen. Sie leben und arbeiten in Bochum und Mannheim. Im Auftrag der Initiative Duisburg 1984 realisierten sie den Kurzfilm Dunkelfeld über den Brandanschlag am 26.08.1984 in Duisburg-Wanheimerort, sowie mehrere Videos anlässlich der jährlich stattfindenden Gedenktage.
patricklohse.de
marianmayland.de
Dramaturgie: Chris Herzog
Chris Herzog hat angewandte Theaterwissenschaft in Gießen studiert, sowie das künstlerische Postgraduiertenprogramm des Ashkal Alwan Beirut/Libanon absolviert. Er gehört dem Künstler:innenkollektiv Peira an.
Programmierung: Alexander Bauer
Alexander Bauer hat angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und an der L’École nationale supérieure d’arts de Paris-Cergy studiert, sowie das künstlerische Postgraduiertenprogramm des Ashkal Alwan Beirut/Libanon absolviert. Er hat die Initative Duisburg 26. August 1984 mitgegründet und gehört dem Künstler:innenkollektiv Peira an.
Der zivilgesellschaftliche Beirat:
Petrus Afrem-Barsom, Said Boluri, Yeşim Coşkun, Naomi Dibu, Birane Gueye, Fatma Güler, Dr. Fatemeh Hippler, Marvin Hoppe, Chari Bautista Mateo, Marlene Desiree Nahounou, Fatma Özay, Elena Romano, Aynur Satır Akça, Ramona Sima und Zhivko Slavev
Danke:
Rayms Cadeau, Remziye Coşkun, Zülfü Dağ, Tayfun Demir, Kalender Doğan, DOMiD e.V. – Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland, Şükrü Eren, Morgan Etzel, Fatma Güler, Familie Hendricks, İpek İpekçioğlu, Jaspar Kettner, Bengü Kocatürk-Schuster, Mevlüt Kurban, Hasan Özen, Peggy Piesche, RAA Berlin – Region Nord-Nordwest, Mario Reinhardt, Margret von Rüden, Familie Şanlı, Familie Satır, Aynur Satır Akça, Eylem Satır Özcan, Remziye Satır Akkuş, Rukiye Satır, Suat Akkuş, Theo Steegmann, Familie Turhan, Duran Turhan, Serfîraz Vural, Türkan Tetik Yılmaz
Die Stabsstelle Bildungsregion arbeitet mit dem Zentrum für Erinnerungskultur und der Initiative Duisburg 1984 unter Förderung der Bundeszentrale für politische Bildung zusammen.




